Die Serie „A Good Girl’s Guide to Murder“ bei ZDFneo (2024)

Gute Nachricht für alle Kulturpessimisten: Die Jugend liest wieder. Buchclubs auf Social Media sind der Renner, heißt es. Unter dem Hashtag „BookTok“ etwa versammeln sich auf Tiktok jüngere Buchnerds, die als „Young Adults“ ohnehin eine begehrte Zielgruppe für alle möglichen Medienprodukte sind. Ihre Bestsellerlisten werden von der Buchbranche längst ernst genommen. Bücher, die auf Social Media Favoriten sind, mögen zwar nicht der Traum von Deutschlehrern mit Kanonanspruch sein, aber als mögliche „Einstiegsdroge“ Applaus bekommen. Gut geschriebene Jugendliteratur, die auch gelesen wird, ist ohnehin aller Ehren wert. Ein großer, auch durch Tiktok angefeuerter Bucherfolg war „A Good Girl’s Guide to Murder“ von Holly Jackson. Inzwischen ist schon eine Trilogie daraus geworden.

Die weibliche Hauptfigur, eine gewisse Pippa Fitz-Amobi, ist eine heranwachsende Heldin auch nach dem Geschmack zeitläuftebesorgter Eltern. Wenn Pippa, genannt Pip, im ersten Buch auftritt, ist sie ein gewitztes junges Mädchen, intelligent, fleißig, selbstbewusst, mit Mutter und liebevollem Stiefvater sowie Stiefbruder gesegnet, die ihre Freunde ein wenig seltsam und trotzdem cool finden. Für Pip ist es wichtig, ein „gutes Mädchen“ zu sein, was für sie bedeutet, in jeder Situation das Richtige zu tun. Schwierige Sache. Im Verlauf des Buches, das nun gemeinsam von der BBC, Netflix und dem ZDF als Serie mit sechs Episoden verfilmt wurde, erkennt Pip, dass die Dinge komplexer und komplizierter liegen als zuvor angenommen. Dass gute Menschen böse Dinge tun können; dass es böse Menschen vielleicht gar nicht gibt, sondern bloß richtig schlimmes Benehmen. Dass sie selbst an der Aufgabe scheitern wird, das Richtige zu tun. Weil es Fälle gibt, in denen immer jemand verletzt werden wird, so oder so.

Risikobereitschaft wirkt hier nicht nervensägend und naiv

Auf den ersten Blick ist „A Good Girl’s Guide to Murder“ dabei eine Detektivgeschichte mit altertümlichem britischem Touch, und Agatha Christie lässt hier genauso grüßen wie Enid Blytons „Fünf Freunde“. Man erwarte „Cottagecore“ in Bildern, doch nach und nach enthüllt wird ein gerüttelt Maß „Teenage Angst“. Mit Emma Myers hat die Serie eine herzerfrischend nerdige Hauptdarstellerin. Jemanden, die immer in Richtung Gefahr läuft, statt, wie es vernünftig wäre, Fersengeld zu geben. Solche Risikobereitschaft wirkt hier nicht nervensägend und naiv, sondern, was mit dem Charme von Myers zusammenhängt, mutig und altersadäquat. Wo erwachsene Zuschauer bei „A Good Girl’s Guide to Murder“ große Logiklöcher und unglaubwürdige Verhaltensmuster erkennen könnten, spricht die Handlung konsequent zur Zielgruppe.

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Der Beginn markiert den Anfang der letzten unbeschwerten Sommerferien vor dem Schulabschlussjahr im gemütlichen Marktstädtchen Little Kilton. Rundherum eine Menge Landschaft, die nach Somerset oder Wiltshire aussieht oder jedenfalls nach klassisch britischer Countryside. Für Pip soll es danach nach Cambridge gehen. In der Probe des Uni-Aufnahmegesprächs beeindruckt sie mit Ausführungen zur feministischen Lesart von Charlotte Brontës Roman „Jane Eyre“. Das Thema ihres examensrelevanten Schulprojekts verschweigt sie lieber, nachdem sie anonyme Drohbriefe erhalten hat und von ihrer Mutter Leanne (Anna Maxwell Martin) und Englischlehrer Elliot Ward (Mathew Baynton) unter Druck gesetzt wurde. Nicht alles nämlich sieht in Little Kilton nach Country Living aus. Vor fünf Jahren verschwand die siebzehnjährige Andie Bell (India Lillie Davis), anschließend nahm sich ihr Freund Sal (Rahul Pattni) das Leben. Für die Polizei ist die Ermittlung abgeschlossen.

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Nicht für Pip, die den Vermisstenfall nun als Schulprojekt aufrollt. Was sie herausfindet, ist „shocking“. Nacktbilder, Sex, Drogen, geheime Partys, Rassismus und mehr lassen das Idyll mit rosenbewachsenen Cottages, lassen die Zuflucht von Pips Zimmer mit der William-Morris-Tapete mit Weidenmuster von 1874 falsch aussehen. Recherchiert wird hauptsächlich auf Social Media. Geheime Accounts, gepostete Videos und Fotos spielen entscheidende Rollen. Genau wie selbst gebackene Blaubeermuffins, die Sals Bruder Ravi (Zain Iqbal) zur Mitermittlung bewegen sollen. Visuell ist „A Good Girl’s Guide to Murder“ (Drehbuch Poppy Cogan, Regie Dolly Wells und Tom Vaughn, Kamera Seppe van Grieken und Michael Filocamo) wenig explizit und für Jüngere geeignet. Kuschelig und anheimelnd wie „Maxton Hall“, wirkt die Serie für Ältere, die falsche Zielgruppe, bisweilen freilich wie Rosamunde Pilcher im Pubertätsmodus. Spannend bleibt die Lösung des Falls Andie Bell gleichwohl bis zum letzten Twist, und der Cast junger und erwachsener Schauspieler (darunter Henry Ashton als Fiesling Max, Asha Banks als beste Freundin Cara und Gary Beadle als Stiefvater Victor) wirkt ansprechend. Ob die Zielgruppe allerdings die ZDF-Mediathek aufsucht und nicht lieber bei Youtube oder Netflix bleibt, bleibt fraglich.

A Good Girl’s Guide to Murder, ab Freitag in der ZDF-Mediathek, ab 8. 9. jeweils sonntags ab 20.15 Uhr in Doppelfolgen bei ZDFneo.

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